Sonntag, 7. September 2008

Erfolg ist auch eine Frage des Managements (06.09.)

07.09.08 - Sie standen schon in den Startlöchern, die Verfolger genauso wie die Führenden. Aber der Gott der Winde hatte am letzten Tag des 19. Maxi Yacht Rolex Cup kein Einsehen mit den Seglerinnen und Segler. Das azurblaue Wasser vor der schroffen Felsenküste Sardiniens bei Porto Cervo kräuselte sich am Sonnabend (6. September) nur leicht. Gerade zwei Knoten, Windstärke eins, erreichte die Brise im Mittel – zu wenig für ein faires Abschlussrennen der inoffiziellen Maxi-Weltmeisterschaft. Peter Craig, der oberste Wettfahrtleiter des italienischen Veranstalters Yacht Club Costa Smeralda, beließ die Spitzenreiter des Vortags auch als die glücklichen Gesamtsieger: Die „Rambler“ (George David/USA) bei den Racern, die „Ranger“ (John Williams/USA) bei den Cruisern sowie die Wally „Magic Carpet Squared“ (Lindsay Owen-Jones/Großbritannien) und die „Numbers“ (Dan Meyers/Ernesto Bertarelli, USA/Schweiz) bei den Mini-Maxis.

„Ein schönes Leichtwindrennen hätte uns noch einmal gut getan“, meinte der Hamburger Segelmacher Thomas Jungblut als Taktiker der Wally 100 „Y3K“ von Großreeder und Präsident der Internationalen Maxi-Vereinigung IMA, Claus-Peter Offen. „Unser Boot ist auf Leichtwind ausgelegt und hatte in der überwiegend frischeren Brise der Regatta nicht seine Lieblingsbedingungen.“ Auch wenn anfangs manchmal nur wenige Sekunden auf die vorderen Boote gefehlt hätten, die auch an kleinen Fehler festgemacht werden könnten, spiegle das Endergebnis nicht den bisher erfolgreichen Saisonverlauf wider. Das Team, das 2005 den Maxi Yacht Rolex Cup mit dem Vorgängerschiff gewonnen hatte, musste sich mit Platz sechs begnügen. Ein Neubau, der die Schwächen bei Mittel- und Starkwind wettmachen soll, sei jedoch in Arbeit.

Auch die Mannschaft von Thomas Bscher auf der „Open Season“ hatte eindringlich auf die letzte Wettfahrt gehofft, fehlten zum obersten Treppchen auf dem Siegerpodest doch nur zwei Punkte. Der Kölner Eigner, bis 2007 Präsident der Nobelautomarke Bugatti, hatte unter Taktiker Jochen Schümann nach vielen Jahren erstmals wieder einen Tagessieg geschafft, musste aber durch einen vierten Rang am vorletzten Tag insgesamt mit „Bronze“ zufrieden sein. Außer Schümann waren auch Segeltrimmer Matti Paschen aus Hamburg sowie der Cuxhavener Jan Schoepe aus dem Team Germany an Bord, das in Vorbereitung auf den 33. America’s Cup (AC) war, bevor dieser in einem juristischen Streit versank. „Die Crew hat gut harmoniert und wurde durch den Erfolg auf dem Wasser zusätzlich motiviert“, meinte der dreimalige Olympiasieger Schümann, „gewinnen macht jedem halt doch mehr Spaß als hinterher zu segeln.“

Während die Zukunft besagten ACs weiter vor einem New Yorker Berufungsgericht schmort, genoss Cupverteidiger Bertarelli seinen Ausflug zurück in die reale Segelwelt. Neben Ed Baird (USA), auf den Cuppern erster Steuermann, und Taktiker Brad Butterworth (Neuseeland) hatte er sein gesamtes Topteam mitgebracht. „Seit langer Zeit war ich mal wieder mit dem Großteil der Mannschaft auf einem Boot zusammen“, so Bertarelli, „das war ein schöner Moment. Die Crew arbeitet wie ein Schweizer Uhrwerk. Die Manöver klappen auf den Punkt, und der Trimm ist präzise. Dann ist das Steuern ein Kinderspiel.“ Der Alinghi-Boss stand selbst am Ruder und verlor nur einen einzigen von fünf möglichen Tagessiegen an die Gesamtzweite „Rosebud“ von Roger Sturgeon (USA).

Obwohl die „Numbers“ allein Dan Meyers gehört, war Bertarelli auch aus einem anderen Grund auf das Abschneiden stolz. Die 20,29 Meter lange Yacht wurde vom deutschen Alinghi-Chefdesigner Rolf Vrolijk gezeichnet und von Dirk Kramer mit konzipiert, der ebenfalls zur Konstruktionsabteilung des Schweizer Syndikats gehört. Bertarelli: „In die Yacht sind viele unserer Erkenntnisse aus dem America’s Cup hineingeflossen.“ Das verlangt indes einen Abstecher nach Norddeutschland. Denn während die schnellsten Mini-Maxis der 20-Meter-Klasse in Porto Cervo zur Überführung für ihre nächsten Einsätze vorbereitet wurden, wurde in Kiel eine weitere Schwester getauft, die ebenfalls aus der Feder von Vrolijk stammt.

Das Schiff heißt „Container“ und ist eine neue „alte Bekannte“. Denn der Eigner Udo Schütz aus Selters im Westerwald hatte 1993 mit seinem gleichnamigen 50-Füßer zusammen mit der „Rubin“ von Hans-Otto Schümann und der „Pinta“ von Willi Illbruck für Deutschland den Admiral’s Cup der Hochseesegler gewonnen. 15 Jahre danach ließ der 71-Jährige Unternehmer aus der Verbundstofftechnik bei der Werft Knierim-Yachtbau nun eine STP 65 bauen. Eingesetzt wurde ein Hightech-Material der Wabenbauweise aus den eigenen Schütz-Werken, das aus dem Flugzeugbau stammt. „Die Les Voiles de Saint-Tropez Ende September wird unsere erste Regatta sein“, kündigte Schütz an, „und danach geht es zum Rolex Middle Sea Race nach Malta.“ Der Eigner baut auf eine erfahrene Mannschaft mit dem deutschen Matchrace-Crack Markus Wieser am Steuer.

Überdacht wird nach der IMA-Tagung, die traditionell während des Maxi Yacht Rolex Cup am ihrem Sitz in Porto Cervo stattfand, die Einteilung der Mini-Maxi-Division. Dort trafen in der Mehrzahl ambitionierte Cruiser-Racer, wie die „Allsmoke“ des ausgezahlten Tchibo-Erben und heutigen Investors (u. a. Germanischer Lloyd) Günter Herz auf die lupenreinen Racer wie außerdem die drittplatzierten „Moneypenny“ von Jim Swartz, ebenfalls eine STP 65 aus den USA. Die „Allsmoke“, mit Alinghi-Ersatzsteuermann Peter Holmberg (Jungferninseln) als Skipper, wurde nach dem Ausfall in zwei Rennen wegen gerissener Vorsegel am Ende nur Elfter. Vor drei Jahren hatte sie noch die Cruising-Division gewonnen, in der dieses Jahr die klassischen Yachten der Spirit of Tradition aufgingen.

Bester Klassiker wiederum war zwei Jahre lang das 38,25 Meter lange Schmuckstück „Hetairos“ des im Schweizer Luzern lebenden deutschen Industriellen Otto Happel. Auch bei den Cruisern behauptete sich die große Mannschaft und wurde Zweiter hinter der deutlich überlegenen J-Class-Yacht „Rangers“, die mit weißer Weste gewann. „Wir sind die Manöver immer entsprechend den Möglichkeiten der gemischten Crew aus Profis und Amateuren angegangen und haben uns nie zu viel zugemutet“, meinte „Hetairos“-Projektmanager Jens Cornelson, denn wenn auf den Giganten etwas schief gehe, habe das oft schwerwiegende Auswirkungen, nicht nur auf das Ergebnis im Ziel. „Rangers“-Eigner John Williams pflichtete dem bei: „39 Mann an Bord bei einem Manöver zu koordinieren, ist eine Managementaufgabe.“

Und manchmal ist es schlicht die Funktionalität der umfangreichen Technik an Bord der Rennziegen, die den Ausschlag über Sieg oder Niederlage gibt. Sie wurde den sieggewohnten Seglern auf dem 100-Fuß-Super-Maxi „Alfa Romeo“ von Neville Crichton aus Neuseeland zum Verhängnis. Ein Hydraulikmotor versagte im vierten Rennen seinen Dienst. Dadurch glich die drei Meter kürzere „Rambler“, die im Gegensatz zu ihrer Gegnerin auch keinen Schwenkkiel hat, in dem Zweikampf der kleinsten Division der schnellsten Yachten nicht nur aus. Durch den Sieg im letzten gesegelten Rennen behielt sie bei Punktgleichheit auch das bessere Ende für sich. Eigner George David bekam im Beisein seiner Hoheit dem Aga Khan, Gründer der YCCS, die die Trophäe des Maxi Yacht Rolex Cup sowie von Rolex-Boss Patrick Heiniger aus Genf eine edle Armbanduhr des Models Yachtmaster in Stahl und Gold überreicht.

Hier sind sie also, die Zutaten für den Erfolg bei den spektakulärsten Regatten der Welt: Nimm ein großartiges Boot, und nimm ein großartiges Team. Manage beides gut. Und hoffe, dass Mutter Natur dich eine überzeugende Leistung abliefern lässt. Die Reihe hochkarätiger Rolex-Regatten wird am Dienstag (8. September) mit dem alle zwei Jahre stattfindenden Rolex Swan Cup fortgesetzt.

Endstand des Maxi Yacht Rolex Cups 2008

Racing-Division
1. RAMBLER George David (USA) 6 Punkte
2. ALFA ROMEO Neville Crichton (Neuseeland) 6

Cruising-Division
1. RANGER John Williams (USA) 4 Punkte
2. HETAIROS Otto Happel (Deutschland) 15
3. VELSHEDA Jelo Reynolds (Großbritannien) 19

Mini-Maxi-Division
1. NUMBERS Meyers/Bertarelli (USA) 6 Punkte
2. ROSEBUD Roger Sturgeon (USA) 9
3. MONEYPENNY Jim Swartz (USA) 10
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11. ALLSMOKE Günter Herz (Hamburg) 40

Wally-Division
1. MAGIC CARPET SQUARED Lindsay Owen-Jones (Großbritannien) 11 Punkte
2. HIGHLAND FLING X Irvine Laidlaw (Großbritannien) 12
3. OPEN SEASON Thomas Bscher (Köln) 13
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6. Y3K Claus-Peter Offen (Hamburg) 20

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