Donnerstag, 31. Dezember 2009

"Alfa Romeo" holt zweiten Sieg beim Rolex Sydney Hobart Race

31.12.09 - Mit einem taktisch hervorragenden Rennen hat sich der Neuseeländer Neville Crichton mit seiner "Alfa Romeo", einem 100 Fuß langen Reichel/Pugh-Design, nach 2002 seinen zweiten Sieg beim Rolex Sydney Hobart Yacht Race 2009 gesichert. In den wechselhaften Bedingungen, die zwischen 25 Knoten Wind und einer ruppigen See sowie einer schwachwindigen Phase in der sonst stürmischen Bass-Strait schwankten, benötigte Crichton zwei Tage, neun Stunden, zwei Minuten und zehn Sekunden für den 628 Seemeilen langen Kurs vom Sydney Harbour nach Tasmanien. Der Tattersalls Cup für den Sieg über alles nach berechneter Zeit ging an den Australier Andrew Saies mit seiner "Two True". Die Beneteau First 40 erreichte als 41. Yacht nach drei Tagen, 23 Stunden, 49 Minuten und drei Sekunden das Ziel.

Den Streckenrekord von Bob Oatley (Australien) mit seiner "Wild Oats XI", ebenfalls eine Reichel/Pugh 100, verfehlte Neville Crichton zwar deutlich, aber immerhin gelang es ihm, die Siegesserie von vier Erfolge in Folge des Konkurrenten zu durchbrechen, der beim Zieldurchgang der "Alfa Romeo" 17 Seemeilen zurücklag und schließlich zwei Stunden und drei Minuten später die Ziellinie kreuzte. Die drittschnellste Yacht war die britische "ICAP Leopard" (Mike Slade), ein 100 Fuß Farr-Design, weitere fünf Stunden und 40 Minuten zurück.

"Alfa Romeo" führte das Feld der 100 Yachten bereits kurz nach dem Start an einem ungewöhnlich nassen und kalten Zweiten Weihnachtstag in Sydney an und gab diese Führung mit gutem Speed, einer starken Crew-Leistung und taktischem Geschick nicht mehr ab. Die Befürchtungen, auf den letzten elf Meilen im schwachen Wind den River Derwent nach Hobart hinauf noch von der Konkurrenz abgefangen zu werden, erwiesen sich als unbegründet. Kurz nach 22 Uhr am 28. Dezember hörte die "Alfa"-Crew den Böllerschuss für den Zieldurchgang der schnellsten Yacht und wurde von mehreren hundert Fans begeistert empfangen. "Es ist fantastisch und die Begrüßung hier in Hobart ist einfach unglaublich", sagte Crichton, der seine Crew, die jeweils zur Hälfte aus Neuseeländern und Australiern besteht, lobte: "Die 22 Jungs sind die beste Crew der Welt. Die zwei Tage die Küste hinunter waren harte Arbeit. Die Kerle haben einen Höllen-Job gemacht und es war ein sehr, sehr starkes Rennen."

Auf die Frage, ob es ein besonderer Triumph über die "Wild Oats" sei, nachdem diese ihn 2005 knapp geschlagen hatte, sagte Crichton: "Jeder Sieg ist ein schöner Sieg. Aber es hat mich vier Jahre gekostet, um nach der Niederlage zurückzukommen, daher ist es umso schöner. Das Rolex Sydney Hobart Rennen zu gewinnen, ist ohnehin das Größte im Ocean-Racing."

Mark Richards von der "Wild Oats" musste den Sieg der Konkurrentin anerkennen. "In der ersten Nacht waren sie nur ein Stück voraus, und am nächsten Morgen lagen wir gemeinsam in einem Flautenloch. Sie kamen als erste raus. Und bevor wir überhaupt wussten, was los war, hatten sie bereits 30 Seemeilen zwischen uns gelegt." Auch Mike Slade von der "ICAP Leopard", der schnellsten Yacht beim Rolex Fastnet Race 2009, war beeindruckt: "Ich fühle mich ein bisschen wie Napoleon in Waterloo. Es war ein fantastisches und sehr gutes Rennen der ,Alfa' - teuflisch gut."

Bis zum Schluss war die Entscheidung über die wichtigste Trophäe des Rolex Sydney Hobart Yacht Race, den Tattersalls Cup für den Sieger über alles nach IRC-Handicap-Wertung umstritten. Denn während die großen Yachten über weite Strecken des Rennens mit dem schwachen Wind zu kämpfen hatten, wurden die kleinen Schiffe zum Ende hin von einer strammen Brise dem Ziel entgegen gepeitscht. Niklas Zenntroms "Ran", eine Judel/Vrolijk 72, Siegerin über alles beim Rolex Fastnet Race, musste daher alle Chancen auf den Gesamtsieg begraben, obwohl sie bereits als fünfte Yacht Hobart erreicht hatte. Stattdessen jagten die kleinen Yachten die berechnete Siegerzeit.

Saies mit seiner "Two True" wusste nach der Zielankunft am 30. Dezember, dass er sehr gut im Rennen lag, dennoch musste auch er lange um seiner Erfolg zittern. Denn im Ziel erfuhr er, dass die tasmanische Yacht "She's the Culprit" von Todd Leary wegen einer Kollision kurz nach dem Start, durch die sie aufgeben musste, Protest eingereicht hatte. Erst am Silvester-Nachmittag wurde er zum Sieger über alles erklärt. "Es war ein absolutes Hochgefühl, nachdem der Protest zu unseren Gunsten entschieden worden ist", erzählte ein erleichterter Saies, der sich absolut unschuldig an der Kollision fühlte. "Ich bin sehr, sehr glücklich mit dieser Entscheidung der internationalen Jury", so Saies, der ergänzte: "Das Rennen ist eine Kultveranstaltung und jeder australische Yacht-Segler möchte es gewinnen. Ich bin sehr stolz, dass es mir gelungen ist, dieses Lebensziel zu erreichen."

Fünf Yachten mussten mit Problemen an Rigg oder Rumpf das Rennen aufgeben. Darunter Grant Wharingtons Jones 98 "Etihad Stadium" (die ehemalige "Skandia Wild Thing"). Sie musste kurz nach dem Start mit Rigg-Problemen aufgeben. Es war ohnehin ein Wunder, dass die "Etihad Stadium" am Start war. Denn auf der Überführungsfahrt zum Rennen war ihr der Mast gebrochen. In zwei Wochen Tag-und-Nacht-Arbeit war der Ersatzmast der "Alfa Romeo" gestellt worden, der zuvor in zwei Teilen per Luftfracht aus Frankreich geliefert worden war. Doch zehn Minuten vor dem Rennen musste die Crew feststellen, dass sich das Segel nicht einwandfrei setzen ließ. "Es waren sehr unglückliche Umstände, aber wir brauchten 100 Prozent, um nach Hobart zu kommen. Es war toll zu sehen, wie weit wir es geschafft hatten, aber am Ende fehlten vielleicht ein bis zwei Prozent", sagte Wharington.

Das Rolex Sydney Hobart Race war auch 2009 ein spektakuläres Ereignis, auch für die Zuschauer. Unter ihnen weilten auch die Teilnehmer an den Weltmeisterschaften der internationalen 14er, und der Kieler Felix Weidling war schlicht begeistert: "Der Start war einfach toll. Der Harbour war gefüllt mit bunten Spinnakern und Zuschauerbooten, und das obwohl die Einheimischen meinten, dass es aufgrund des schlechten Wetters relativ wenige waren." Andreas Kling.