Montag, 10. September 2007

Hasso Plattners "glorreicher Morgen"

PORTO CERVO. Zehn Jahre hatte er auf diesen Moment warten müssen. Am Sonnabend (8. September) war es endlich soweit: Hasso Plattner gewann nach 1997 wieder den Maxi Yacht Rolex Cup in Porto Cervo/Italien, die prestigeträchtigste Segeltrophäe für Großyachten weltweit. Mit seiner maxZ86 „Morning Glory“ gelang dem 63-jährigen Softwareunternehmer aus Walldorf in der letzten Wettfahrt der Racing Division eine taktische Meisterleistung, indem er die punktgleiche Zweitplatzierte „Loki“ aus Australien in Matchracemanier nach hinten segelte. Die „Atalanta II“ von Carlo Puri Negri (Italien) siegte bei den Mini Maxis vor der „Allsmoke“ des Hamburgers Günter Herz. Die Wally-Division gewann die „J One“ von Jean Charles Decaux (Monaco). Claus-Peter Offens Hamburger „Y3K“wurde Vierte. Die unter der Flagge der Cayman Islands segelnde J-Klassen-Yacht „Ranger“ war bester Cruiser.

Die Vorraussetzungen für einen „glorreichen Morgen“ der 26,60 Meter „Morning Glory“, die unter dem Stander des Kieler Yacht-Clubs startet, waren zunächst gar nicht die besten. Denn auf dem smaragdgrünen Wasser vor der Küste Sardiniens, der Costa Smeralda, wehte nur eine leichte Nordwestbrise. Und bei Leichtwind, das wusste die Crew des deutschen Spitzenreiters, war die gegnerische „Loki“ von Stephen Ainsworth bärenstark. Wie stark ist während der Rennen immer schwierig zu beurteilen, denn die Segelzeit der unterschiedlich großen und schnellen Maxis werden mit einem Handicapfaktor in die gewertete Zeit umgerechnet. Und weil die „Loki“ deutlich kleiner ist, segelt sie üblicherweise weit hinter der „Morning Glory“, kann diese dabei aber trotzdem schlagen. Und genau das befürchtete „SAP“-Mitbegründer und Aufsichtsrat Plattner offenbar. Doch der Reihe nach.

Als die 30 Meter lange Super-Maxi „Alfa Romeo“ von Neville Crichton aus Neuseeland, die nach nur zwei Stunden und 34 Minuten auch die 30-Seemeilen-Wettfahrt gewann, nach einer langen Kreuz als Erste die Luvtonne bei Barettinelli die Fouri rundete bevor es in den Kanal zwischen den sardischen Festland und den Maddalena-Inseln an der Südspitze von Caprera ging, war noch alles im Plan. Doch dann folgten George Davids „Rambler“ vor der „Titan XII“ von Tom und Dotti Hill (beide USA) und der niederländischen „Favonius“ von Roland Pieper. Doch wo blieb die größere „Morning Glory“?

Zunächst sah es so aus, als habe sie irgendein Problem. Erst steuerte das Boot von der Bahnmarke weg. Dann vollzog die „Morning Glory“ eine 360-Grad-Drehung, gerade so als hätte sie nach einer Regelverletzung einen Strafkringel zu fahren, ging aber sicher, dass dabei keine andere Yacht in der Nähe war. Dann, als sie gerade wieder auf dem richtigen Kurs lag und es so aussah, als würde die maxZ86 wieder normale Geschwindigkeit aufnehmen, wurde plötzliche die Großschot gefiert. Geradezu lässig oder gar nachlässig segelte die „Morning Glory“ den Konkurrenten der Racing Division hinterher – außer der „Loki“, mit der sie vor dem Rennen punktgleich war. Die lag nämlich noch weiter zurück.

Dann wurde es offensichtlich, was die Crew der deutschen Maxiyacht vorhatte. Daran schieden sich zwar die Geister, ist aber in allen bedeutenden Segelregatten und –klassen durchaus üblich. Taktiker Morgan Larson erklärte es: „Wir hatten zwei Strategien für den Schlusstag, die von der Windgeschwindigkeit abhingen. Wenn der Wind mäßig oder noch frischer geweht hätte, wussten wir, dass wir eine gute Chance gehabt hätten, die „Loki“ auf dem Wasser auch berechnet zu schlagen. Und bei Leichtwind war es halt genau umgekehrt. Wir hatten uns in der vorangegangenen Nacht die Ergebnisliste nochmals genau angeschaut und festgestellt, dass der Gegner ein schlechteres Streichresultat hatte als wir. Wir mussten also nur dafür sorgen, dass die ‚Loki’ noch ein schlechtes Rennen segelte, da wir unseres ja würden streichen können.“ Und genau das machten sie nach der Luvtonne, kompromisslos und unnachgiebig, so dass David wirklich keine Chance hatte gegen Goliath.

Larson berichtete, wann und warum die Entscheidung fiel, die Australier zu decken: „auf dem halben Weg zur Luvtonne haben wir den Wind als zu leicht eingestuft, um sie zu schlagen. Dann ist die ‚Loki’ derart schnell und die Crew so stark, dass wir die Gelegenheit beim Schopfe packten, um sie nach hinten zu segeln.“ Und das gelang. Über die noch folgenden vier Stunden (die Tagessiegerin brauchte nur zweieinhalb Stunden!) lagen die beiden Yachten fast um Haaresbreite dicht beieinander, wobei die Größere die vollständige Kontrolle über die Kleinere hatte.

Doch Stephen Ainsworths Crew gab nie auf. Vorsichtig geschätzt segelte die „Loki“ mindestens zehn Seemeilen extra, um eine Lücke aus der Umklammerung der „Morning Glory“ zu finden. Das gelang ihr sogar beinahe, als der Wind so schwach wurde, dass das kleinere Boot schneller war. Dieser eindrucksvolle Beweis von Sportsgeist angesichts eines völlig einseitigen Zweikampfs brachte den Australiern zurück im Hafen stehende Ovationen von der Mannschaft der „Favonius“ ein. In der Tageswertung war sie allerdings nur Vorletzter vor der „Morning Glory“, die nach Platz zwei im Vorjahr ihren sicheren Triumph feierte. Hasso Plattner erhielt dafür nicht nur die Trophäe, den Maxi Yacht Rolex Cup, sondern auch eine edle Rolex Armbanduhr des Modells Yacht-Master.

Bei den Mini Maxis drehte Skipper Ken Read im Finale noch mal auf und steuerte die „Allsmoke“ zum ersten Tagessieg und kletterte im Gesamtklassement noch auf Rang zwei. Die „Atalanta II“ hatte den Gesamtsieg schon vor dem letzten Start sicher. Nach einem Durchhänger Mitte der Regatta bewies die „Allsmoke“, dass sie auch in der für sie neuen Klasse zu den Topbooten gehört. Vor zwei Jahren hatte Günter Herz den Maxi Yacht Rolex Cup in der damaligen Cruising-Division gewonnen.

Ein Happy End gab es auch für den Reeder Claus-Peter Offen auf seiner neuen Wally „Y3K“. In der Finalwettfahrt führte sie unter Co-Steuermann Karol Jablonski auf dem Wasser deutlich. Nach berechneter Zeit war nur die Gesamtsiegerin „J One“ besser, die – wie die „Morning Glory“ – nach zehn Jahren zum ersten Mal wieder gewann. Die „Y3K“ aber schlug zumindest noch ihre Dauerkontrahentin „Magic Carpet Squared“ des „L’Oreal“-Bosses Lindsay Owen-Johns aus Großbritannien.

Von den luxuriösen über die traditionellen bis zu schlichtweg den schnellsten Einrumpfbooten unserer Zeit ist der Maxi Yacht Rolex Cup nicht anderes als ein erstaunliches Aufgebot an Segelpower. An der 18. Auflage nahmen 38 Yachten aus elf Ländern, darunter Australien, Cayman Islands, Frankreich, Deutschland, Italien, Monaco, Niederlande, Neuseeland, San Marino, Vereinigtes Königreich and USA. Der Maxi Yacht Rolex Cup gehört zu einem Kreis weiteren prestigeträchtiger Regatten, die 2007 von Rolex gesponsert werden, darunter das Rolex Fastnet Race, die Rolex Farr 40-Weltmeisterschaft, die Rolex Big Boat Series und das Rolex Sydney Hobart Yacht Race.


ENDERGEBNISSE DES MAXI YACHT ROLEX CUPS 2007

Platz-BOOTSNAME-Eigner-Nation, R1-R2-R3-R4-R5, Punkte

Racing
1. MORNING GLORY Hasso Plattner Kiel, 1-3-1-4-(6), 9
2. LOKI Stephen Ainsworth Australien, 2-1-4-2-(5), 9
3. TITAN XII Tom & Dotti Hill USA, (4)-2-3-3-3, 11
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Cruising
1. RANGER RSV Ltd USA, 1-(3)-1-1-1, 4
2. VELSHEDA Turbat Inv. Ltd Großbritannien, 2-2-2-2-(3), 8
3. GHOST Arne Glimcher USA, (11)-1-4-3-2, 10
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Mini Maxi
1. ATALANTA II Carlo Puri Negri Italien, 2-1-2-1-(3), 6
2. ALLSMOKE Günter Herz Hamburg, 3-(5)-5-2-1, 11
3. OPS 5 Massimo Violati Italien, 1-6-1-6 -(7), 14
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Wally
1. J ONE Jean Charles Decaux Großbritannien, 1-(2)-2-2-1, 6
2. INDIO Andrea Recordati Italien, 2-(4)-1-1-4, 8
3. DARK SHADOW Antexis Ltd Monaco, 5-1-(7)-3-5,14
4. Y3K Claus-Peter Offen Hamburg, 4-(6)-5-4-2, 15
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