Mittwoch, 13. August 2008

Der Knoten ist geplatzt

Schümann-Crew läutet Trendwende mit Kampfgeist ein, Peckolts segeln in Medaillenreichweite - Qingdao (DSV) - Jan-Peter und Hannes Peckolt sind nach dem ersten Drittel der olympischen Regatta vor Qingdao die größten deutschen Hoffnungsträger der Segler. Die Brüder aus Hamburg und Kiel verteidigten am Mittwoch bei extrem leichten Winden um vier bis fünf Knoten in der Fushan Bucht mit den Einzelrängen zwei, zwölf und vier ihren vierten Platz. Dabei sorgte ein angerissener Spinnaker im ersten Rennen des Tages für Schreckminuten.

Die deutsche 49er-Crew vom Yacht-Club Langenargen verkürzte ihren Rückstand auf die drittplatzierten italienischen Brüder Pietro und Gianfranco Sibello auf sechs Punkte. Dabei hatten die Studenten Glück im Unglück, als ihr Spinnaker zwei Risse bekam, die jedoch nicht zum befürchteten Platzen des Segels führten. „Das hätte auch richtig schief gehen können“, sagte Hannes Peckolt erleichtert.

Der heiße und stickige Tag im Gelben Meer und die ausgefallene Pause zwischen den ersten beiden Rennen, in der die Crew blitzschnell das kaputte Tuch gegen ein Ersatzsegel tauschen musste, hat an den Kräften der Segler gezehrt. „Wir sind heute zum ersten Mal ganz schön platt“, räumte Hannes Peckolt am Abend ein, konnte aber schon wieder lächeln. Die Bilanz der bislang besten deutschen Segelmannschaft im Gelben Meer fällt zur Halbzeit ihrer 49er-Serie mit insgesamt 15 Wettfahrten bis zum entscheidenden Medaillenrennen am 16. August bescheiden, aber positiv aus: „Es ist ein schönes Gefühl zu sehen, dass wir konstant in die Top Ten fahren können. Wir sind zufrieden.“

Ihren durch zwei kleine eingerissene Dreiecke beschädigten Spinnaker reparierten die Brüder am Abend selbst, wollten aber zur Sicherheit auch noch einen Segelmacher konsultieren. Trainer Rigo de Nijs sah trotz Lob für seine konzentriert agierenden Schützlinge noch Raum für Verbesserungen: „Vor dem Wind gibt es noch ein kleines Geschwindigkeitsproblem. Außerdem liefen zwei Halsen nicht ganz glücklich.“ Gleichzeitig sagte der Niederländer: „Nicht einmal die führenden Australier sind unschlagbar. In dieser Klasse ist zur Halbzeit noch alles in Reichweite.“ Das dachten sich vermutlich auch die Amerikaner Tim Wadlow und Chris Rast, die mit den Einzelrängen zehn, eins, eins vom Platz elf auf Platz fünf vorpreschten. Das Urteil von Hannes Peckolt: „Die Australier segeln konstant, die Dänen beeindrucken und die USA sind heute weit nach vorne gekommen. Da wird noch viel rotiert. Es bleibt also spannend.“

Glückliche Gesichter auch bei den Yngling-Seglerinnen um Steuerfrau Ulrike Schümann aus Berlin, denen am fünften Regattatag der Olympischen Spiele ein wertvoller Befreiungsschlag gelang. Nach der Trennung von ihrem Mentalcoach Kurt Banse am Vortag konnte das Berliner Trio den bisherigen Trend endlich einmal umkehren. Statt wie bislang in fast jeder Wettfahrt aus anfänglich aussichtsreicher Position zurückzufallen, gelang den Frauen in ihrer siebten Wattfahrt eine eindrucksvolle Aufholjagd vom elften auf den fünften Rang. „Wir hatten einen super Start, waren dann aber ein bisschen hektisch und haben uns für die falsche Seite entschieden“, berichtete Schümann vom Verlauf des Rennens, „vor dem Wind haben wir uns dann besser abgesprochen, bevor wir auf der dritten Kreuz so richtig nach vorne gefahren sind und diese Position auch bis ins Ziel verteidigen konnten.“ Damit rückte die Mannschaft im Zwischenklassement von Platz elf auf Platz sieben vor, hat drei Wettfahrten vor dem Medaillenrennen am 15. August acht Punkte Rückstand auf den Bronzeplatz.

„Mein Team hat heute enorm hart gekämpft. Das macht mich sehr, sehr glücklich. Es war unglaublich wichtig für uns“, sagte Schümann, die auf dieser neuen Erfolgswelle gerne auch noch die für den späten Nachmittag angesetzte achte Wettfahrt gesegelt hätte. Doch die musste aufgrund von Flaute verschoben werden.

Weniger Fortune hatten Schümanns Mannschaftskolleginnen. Die Berliner Laser Radial-Steuerfrau Petra Niemann fand auch am zweiten Regattatag kein Rezept für den anspruchsvollen, teilweise unberechenbaren Olympiakurs im Gelben Meer. In einer mit hohem Risiko absolvierten Halse kenterte sie sogar. Mit Rang 19 verbesserte sich die Pharmazeutin vom Verein Seglerhaus am Wannsee lediglich auf Platz 24 im Feld der 28 Einhandjollen. Einen Tag vor ihrem 30. Geburtstag, den sie zum dritten Mal in Folge bei Olympischen Spielen feiert, ließ Niemann sich davon aber nicht ihren Optimismus nehmen: „Ich bin heute viel besser gesegelt, hatte mehr Spaß und dann einfach das Pech, auf der falschen Seite des Kurses zu sein. Ich hoffe, dass ich mein Können morgen in bessere Ergebnisse umsetzen kann, aber ich werde weiter Radial und nicht radikal segeln.“

Niemanns Trainer Thomas Piesker teilt ihre Einschätzung: „Der Knackpunkt war heute die wichtige Halse am Leefass. Da ist sie gekentert und war dann für die zweite Kreuz in einer schlechten Position. Sie hat die Halse eben mit vollem Risiko genommen. Wäre die gelungen, hätte das auch ganz nach vorne gehen können. Was mir sehr gut gefällt: Petra kämpft. Sie hatte heute wirklich Pech, aber da ist noch viel drin. Ich bin überzeugt, dass Petra das Blatt noch zu ihren Gunsten wenden kann.“

Auch die 470er-Doppel-Europameisterinnen Stefanie Rothweiler vom Württembergischen Yacht-Club und Vivien Kussatz vom Spandauer Yacht-Club warten weiter auf den Durchbruch zur Spitzengruppe. Mit den Einzelrängen fünf und zwölf fielen die Münchner Steuerfrau und ihre Berliner Vorschoterin auf Platz acht zurück.

Die am Mittwoch ausgefallen Wettfahrten in den mit deutschen Startern besetzten Klassen Yngling (Rennen 8) und Laser Radial (Rennen 4) sollen am Freitag nachgeholt werden. Am Donnerstag gehen deutsche Crews in den Disziplinen 49er, Laser Radial und Yngling an den Start.

Der aktuelle Ergebnisdienst unter www.sailing.org/olympics