Mittwoch, 15. August 2007

Neuer Streckenrekord durch die "ICAP Leopard"

Fast 200 gaben auf, darunter drei der vier deutschen Boote

COWES. Des einen Leid war des anderen Freud: Durch heftige Winde mit schweren Sturmböen und hohem Wellengang gaben bis Mittwoch (15. August) fast 200 der 271 gestarteten Segelboote, darunter drei der vier deutschen Teilnehmer, das 42. Rolex Fastnet Race auf. Die Bedingungen gereichten dagegen der britischen 30-Meter-Maxiyacht „ICAP Leopard“ zu einer neuen Rekordzeit auf der legendären Langstreckenregatta. Eigner Mike Slade und seine Crew benötigten für die 608 Seemeilen (mehr als 1.100 Kilometer) von Cowes auf der südenglischen Insel Isle of Wight durch die Irische See um den Felsen Fastnet Rock herum nach Plymouth in der südwestenglischen Grafschaft Devon nur einen Tag, 20 Stunden, 18 Minuten und 53 Sekunden. Das war fast neun Stunden schneller als der bisherige Rekord des neuseeländischen 80-Füßers „RF Yachting“ aus dem Jahr 1999.

Um kurz vor acht Uhr Ortszeit (kurz vor neun deutscher Zeit) kreuzte der gigantische Leopard nach einen Höllenritt bei Nieselregen, mäßiger Brise und schlechter Sicht die Ziellinie vor St. Ann’s Battery in Plymouth. Mit einem Durchschnitt von 13,3 Knoten (fast 25 km/h) und Spitzengeschwindigkeiten von weit mehr als dem Doppelten demonstrierte Mike Slade die herausragenden Eigenschaften dieser neuen Hightechrennyacht der 100-Fuß-Klasse mit Schwenkkieltechnik. „Wir hatten zeitweise Windstärke acht bis neun, in Böen deutlich mehr“, berichtete der Eigner, „aber nie ernsthafte Probleme. Wir mussten uns nicht zurückhalten, sondern konnten das Boot zu jeder Zeit puschen.“

Eine Genua, die aus dem Vorstag riss und halb über Bord ging, und ein Leck in einem Hydraulikzylinder wurden mit Bordmitteln repariert. Nach einer Kollision mit einem Hai verfing sich dieser so unglücklich am Ruder, so dass ein australisches Crewmitglied ins Wasser musste, um ihn und das Boot zu befreien. Slade: „Unterm Strich waren das alles moderat angesichts der herrschenden Bedingungen. Wir hätten gerne den Zweikampf mit der ausgeschiedenen ‚Alfa Romeo’ fortgesetzt, sind aber froh, am Ende überhaupt die schnellsten gewesen zu sein.“

Denn der neue Rekord und die Ehre, als erstes Schiff im Ziel gewesen zu sein, reichten in der Gesamtwertung bei weitem nicht zur Führung. Denn die rund drei Meter kürzere „Rambler“ von George David aus den USA erreichte Plymouth nur eine dreiviertel Stunde später und übernahm nach berechneter Zeit Platz eins. Skipper Ken Read, der das Rolex Fastnet Race als Crewtest für das nächste Volvo Ocean Race rund um die Welt im nächsten Jahr nutzt, hatte mit seiner Mannschaft den Fastnet Rock sogar vor der „IACP Leopard“ gerundet – nach 350 Seemeilen in einem spektakulären Zweikampf ganze drei Sekunden voraus!

„Die 19 Mann an Bord haben erstklassig harmoniert“, lobte Read seine Mannschaft, die sich noch berechtigte Hoffnungen auf den Gesamtsieg machen kann. Der wird aber erst entschieden, wenn die kleineren Schiffe im Ziel sind, die bauartbedingt gut und gerne doppelt so lange brauchen dürften, um nach Handicap dennoch vorne zu liegen.

Mike Slade wurde bereits an Land in Plymouth für seinen Erfolg ausgezeichnet. Er erhielt aus den Händen Lionel Schurchs von Rolex SA aus der Schweiz eine edle Armbanduhr des Modells Rolex Yachtmaster in Stahl und Platinum sowie den Erroll Bruce Cup für das erste Boot im Ziel vom David Aisher, dem Kommodore des veranstaltenden Royal Ocean Racing Clubs (RORC).

Obwohl der Start des Hochseeklassikers vorigen Sonntag (12. August) vom RORC erstmals seit 1925 wegen der Wettervorhersage schon um einen Tag verschoben worden war, mussten drei Viertel der 271 gestarteten Yachten dem schweren Wetter Tribut zollen. Mehrere Mastbrüche und diverse Materialschäden wurden verzeichnet. Aufgegeben hatte nicht nur der zweite 30-Meter-Supermaxi „Alfa Romeo“ aus Neuseeland, sondern auch die deutschen Boote „Outsider“ (Kiel), „Inschallah VI“ (Hamburg) und „Guts n’Glory“ (Bückeburg). Allein die „Norddeutsche Vermögen Hamburg“ unter Skipper Georg Christiansen setzte das Rennen fort und rundete den Fastnet Rock am Mittwochmorgen um 9.15 Uhr Ortszeit.

„Es war ein schaurigschöner Anblick, wie die Atlantikdünung an dem sagenumwogenen Felsen hoch spritzte“, schrieb Christiansen von Bord. „Zum Glück hatte der Wind bei der Umrundung abgenommen, so dass die gesamte Crew den Moment genießen konnte.“ Wenig später frischte der Nordwestwind auf, und auf der „N.V. Hamburg“ wurde der Spinnaker gesetzt. Christiansen: „Wenn die Brise durchsteht, könnten wir Donnerstagnachmittag im Ziel sein – hoffentlich mit einer guten Platzierung.“ Am Fastnet Rock hatte das Team noch rund 250 Seemeilen vor sich.

„Wir lagen knapp 40 Seemeilen vor Land’s End sehr gut im Rennen“, ärgerte sich „Outsider“-Eigner Tilmar Hansen, „unser direkter Gegner, die britische ‚Chieftain’, war zwei Seemeilen achteraus, andere noch weiter.“ Doch bei Sturmböen bis 42 Knoten riss das Großsegel der Elliott 52 überm zweiten Reff ein. Hansen: „Unser neues Groß hatte durch ein Missverständnis mit dem Segelmacher nur ein Reff erhalten. Das wäre bei den Bedingungen zuviel Segelfläche gewesen. Und das alte hatte halt schon 7.000 Seemeilen mit einer Atlantiküberquerung auf dem Buckel.“

Die „Outsider“ drehte in den Zielhafen nach Plymouth ab, wo später auch die DK 46 „Guts n’Glory“ von Christopher Wuttke festmachte, weil die Vorhersagen für die Irische See zu heikel waren. „Wir hatten schon frühzeitig am ersten Abend entschieden, dass wir das Risiko nicht eingehen wollen“, erklärte Volker Andreae, Eigner der „Inschallah VI“, „einzelne Wetterberichte sagten sogar Orkanböen vorher.“ Seine Mannschaft kehrte wohlbehalten in den Starthafen nach Cowes zurück.