Freitag, 27. März 2009

Beluga Racer vor dem Endspurt wieder vorn

27.03.09 - Zieleinlauf im brasilianischen Ilhabela in der kommenden Woche.

Zwei Wochen lang gehörten Boris Herrmann und Felix Oehme beim Portimão Global Ocean Race zu den Verfolgern. Doch vor dem Endspurt der dritten Etappe der Hochseeregatta rund um die Welt führt der Kieler mit seinem Co-Skipper aus Hamburg das Feld wieder an. Am Freitagvormittag (27. März) betrug der Vorsprung der "Beluga Racer" vor den Chilenen Felipe Cubillos/Jose Muñoz auf der "Desafio Cabo de Hornos" knapp 60 Seemeilen. Doch auf den verbleibenden 750 Seemeilen bis in den brasilianischen Zielhafen Ilhabela, wo die Segler Anfang/Mitte nächster Woche erwartet werden, lauerten noch einige taktische Fallen. In der Gesamtwertung der fünfteiligen Regatta, die Ende Juni im portugiesischen Start- und Zielhafen Portimão zu Ende geht, führt die "Beluga Racer" mit 6,5 Punkten Abstand.

"Von einer Vorentscheidung kann überhaupt noch nicht die Rede sein", wiegelte Boris Herrmann die Vorfreude der großen deutschen Fangemeinde ab, "wir kreuzen gegen abnehmende nordnordöstliche Winde ins Wochenende. Der Ausgang ist noch völlig offen." Auch "Beluga"-Meteorologe Sven Taxwedel sieht zwar die Trümpfe in der Hand seiner Schützlinge, warnt aber vor Siegesgewissheit: "Zunächst sind die Chilenen durch gezielte Wenden als Reaktion auf lokalen Windschwankungen gut zu kontrollieren. Aber zum Wochenbeginn dürfte die Brise weiter Richtung Ost drehen. Dann wird die rechte Seite wieder besser."

Wie schnell sich eine scheinbar sichere Führung in Luft auflösen kann, bewies gerade die "Beluga"-Crew, die schon mehr als 100 Seemeilen hinter den Chilenen zurück gelegen und am 19. März mit großem Rückstand das legendäre Kap Hoorn gerundet hatte. Wie kam es zur überraschenden Wendung? Hinter Kap Hoorn waren Cubillos/Muñoz rechts an den Falklandinseln vorbeigesegelt, während Herrmann/Oehme auf der anderen Seite zwischen dem südamerikanischen Festland und dem einst schwer umkämpften Eiland hochsegelten. Die Gretchenfrage 'links oder rechts' war schon bei vielen Hochseeregatten an dieser Stelle mitentscheidend. Und genau die erreichte Höhe brachte der "Beluga Racer" später bei anhaltendem West- bis Nordwestwind den entscheidenden Vorteil.

"Solche Szenen kommen im Miniaturmaßstab auf den Jollenbahnen der Kieler Woche ständig vor", beschreibt Herrmann das Phänomen, als etliche Beobachter im Internet glaubten, der Positionssender der stetig zurückfallenden "Desafio Cabo de Hornos" sei erneut defekt. "Wer überlegen führt, wird manchmal euphorisch. Anstatt 'abzukassieren' und sich zwischen Gegner und Ziel zu positionieren, wird weit auf eine zunächst bevorteilte Seite hinaus gesegelt", so der 27-Jährige. Damit wird die älteste und wichtigste Regattataktik missachtet. Denn wenn der Wind unerwartet dreht, hat der Führende keine Chance mehr, seinen Vorsprung zu verteidigen und muss tatenlos zu sehen, wie der Verfolger vorbeizieht. So erging es in der fünften Etappenwoche den Chilenen.

"Ich kenne das Gefühl von meinem Heimatrevier Zwischenahner Meer", erinnert sich der gebürtige Oldenburger, 'die ’Roten' sahen so sau gut aus rechts. Ganz weit rechts." Der fünffache Kieler Woche-Sieger und Liedermacher Frank Schönfeld hat darauf den Song "gaanz Links" geschrieben. Er erzählt, wie ein Segler an seine Seite glaubt. Die Chilenen hatten offensichtlich lange an ihre rechte Seite geglaubt, und sind ganz bitter abgestraft worden. Herrmann: "Für einen Regattasegler ist es dann gleich, ob es sich um 20 Meter Verlust auf einem Binnensee handelt oder um 100 Seemeilen hier im Südatlantik. Am Ende zählt nur die Platzierung und die Punkte, die eiskalt über eine Olympiamedaille oder einen Vereinspokal entscheiden."

Der Unterschied: Nach einer Tageswettfahrt ist ein Fehlgriff abends beim Bier schon vergessen. Auf einer Hochseeregatta geht es um den Lohn von wochenlanger harter, teils gefährlicher Arbeit. "Felipe und Jose hatten ihr Heimspiel schon fast gewonnen. Doch dann sind sie wohl den Vorschlägen ihres Routingprogramms erlegen und mussten die Tragödie ertragen", fühlt Boris Herrmann mit seinen Gegnern mit. Am 25. März verloren Cubillos/Muñoz die Führung. Der Vorsprung auf die drittplatzierten Briten Jeremy Salvesen/David Thomson auf der "Mowgli" schmolz an dem einen Tag um sage und schreibe 170 Seemeilen!

Nun müssen die Deutschen ihrerseits aufpassen, dass sie nicht in den vor ihnen liegenden, schwierig zu berechnenden Hochdruckkeilen stecken bleiben. "Wir wollen deshalb auf keinen Fall einem fixen, numerischen Routingvorschlag auf Basis der Wetterdaten der Computermodelle aufsitzen und von der direkten Kurslinie nach Ilhabela nicht mehr als fünf Prozent abweichen", erklärt Skipper Herrmann die Strategie für den Endspurt.

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