Montag, 23. Februar 2009

Harter Zweikampf der Beluga-Crew zum Auftakt

23.02.09 - Herrmann/Oehme nach 300 Seemeilen dicht hinter den Chilenen

WELLINGTON. Matchrace der “Beluga Racer" mit den Chilenen zum Auftakt der dritten Etappe des Portimão Global Ocean Race: Seit dem Start am Wochenende in Wellington/Neuseeland kämpfen Boris Herrmann und Felix Oehme aus Kiel und Hamburg mit Felipe Cubillos und José Muñoz auf der “Desafio Cabo de Hornos2 um Platz eins. Nach 38 Stunden und mehreren Führungswechseln während der ersten 300 der insgesamt 7.200 Seemeilen auf dem Weg nach Ilhabela in Brasilien hatte das deutsche Duo am Sonntagvormittag (22. Februar) deutscher Zeit 2,8 Seemeilen Rückstand. Die längste und härteste Etappe der Hochseesegelregatta rund um die Welt, die im Juni in Portugal zu Ende geht, wird etwa fünf Wochen dauern und führt um das berühmt-berüchtigte Kap Hoorn an Südzipfel Südamerikas.

Abschiedstränen kullerten über so manche Wange, als die Weltumsegler an der Pier der Landeshauptstadt die Leinen los machten. Rund fünf Wochen hatten sich Teilnehmer in der segelverrückten Nation von den Strapazen der zweiten Etappe aus Kapstadt/Südafrika erholt und viele Freunde gewonnen. Ein Talisman der Maori, der Ureinwohner Neuseelands, begleitet seit der emotionalen Preisverleihung die Crews. Doch nun brannte es vor allem den Spitzenreitern aus Norddeutschland unter den Nägeln, nach zwei sensationellen Triumpfen ihren Siegeszug um den Globus fortzusetzen. “Wir sind hochmotiviert, wollen aber cool bleiben, denn die Entscheidung fällt voraussichtlich erst im letzten Drittel vor der Küste Südamerikas", sagten die beiden 27-Jährigen vor der Abreise.

Bei traumhaften Segelbedingungen mit blauem Himmel und starken bis stürmischen nordwestlichen Winden hatte das deutsche Boot dann beim Startschuss von Neuseelands neuem Sportminister John Morrison den Bug knapp vorn. Doch die Chilenen, die in der Gesamtwertung 5,5 Punkte hinter Herrmann/Oehme auf Platz zwei liegen, überraschten mit einem größeren Vorsegel und setzten sich schnell ab. Der belgische Einhandsegler Michelle Kleinjans folgte auf der “Roaring Forty" als Dritter vor dem britischen Team Mowgli mit Jeremy Salvesen und David Thomson.

Dann meldete die “Beluga Racer³ gleich zu Beginn auch noch Probleme an Bord. “Die Abstimmung der Selbststeueranlage mit den Rudern passte nicht", berichtete der Skipper, “aber wir haben das zügig in den Griff bekommen." Ohne Autopilot hätte die zweiköpfige Mannschaft kaum eine Chance gehabt, ihr Boot rund um die Uhr sicher und vor allem schnell zu manövrieren.

Die ersten zwölf Stunden des Rennens gehörten so der feuerroten Class 40-Yacht aus Südamerika. Sie führte die Konkurrenz durch die Cook-Straße zwischen der Nord- und der Südinsel Neuseelands hindurch an. Doch die königsblaue “Beluga Racer" blieb immer in Sichtweite dran und kämpfte sich im Morgengrauen allmählich vorbei. Das wiederum war nicht nur eine Frage der Bootsgeschwindigkeit, sondern auch der Taktik. Denn der Wind hatte auf Stärke fünf bis vier abgenommen und etwas westlicher gedreht. Das hinderte das Feld zunächst daran, seinen Kurs direkter auf das so genannte Eistor (Ice Gate) abzustecken, weil die Yachten zu langsam sind, wenn der Wind genau von hinten kommt. Dieses Tor ist eine gedachte Linie entlang des 45. Breitengrads Süd, die wegen der Gefahr von Eisgang südlich davon nicht durchbrochen werden darf. Sie beginnt am 160. Längengrad West und reicht bis zum 100. Erst dort darf nach Süden Richtung Kap Hoorn abgebogen werden.

“Normalerweise steuern alle Regattasegler sofort soweit südlich wie möglich, weil dort die stärksten Winde zu erwarten sind", erklärt Herrmann, “aber bei uns liegt dort zum Etappenauftakt eine Zone schwächeren Winds im Weg, die uns nach der mittelfristigen Vorhersage eine Weile beschäftigen dürfte.³ Es sei “ganz angenehm", nicht gleich ein Sturmtief auf die Mütze zu bekommen. In den ersten 48 Stunden wollten er und sein Co-Skipper so tief wie möglich segeln, ohne zu viel Bootsspeed einzubüßen.

Nachdem sie überholt worden waren, wählten die Chilenen einen noch tieferen Kurs. Dabei verloren sich die Konkurrenten aus dem Blickfeld. Oehme: “Wann wir weiter abfallen sollten, ist strategisch schwer zu beurteilen, da wir die ersten vier Tage nur wenig Wetterdaten empfangen können." Grund ist eine geringere Satellitenversorgung in diesem abgelegenen Seegebiet durch eine technische Neupositionierung. Als am Sonntagmorgen der Wind weiter drehte, änderten alle die Fahrtrichtung nach Süden, und die “Desafio Cabo de Hornos" lag wieder vorn. Welche Taktik aufgeht, dürfte erst im Laufe der Woche klar werden, wenn die Boote das Eisgate erreichen.

Umso gespannter schauen die Regattafans auf die ebenfalls satellitengestützten Positionsreports, die alle drei Stunden im Internet auf der Website www.globalracetracker.com aktualisiert werden. News und Fotos von Bord des deutschen Boots gibt es unter www.beluga-racer.com. Die Zielankunft im brasilianischen Urlaubsort Ilhabela wird je nach Rennverlauf zwischen dem 25. und 27. März hochgerechnet. Über Charleston in den USA geht es dann zurück in den Start- und Zielhafen der Regatta, Portimão in Portugal.