Dienstag, 11. März 2008

Blickrichtung Olympia ohne Kompromisse

"Ein so genannter Leistungsnachweis bei einer internationalen Regatta würde alle Zweifel ausräumen", erklärt Vorschoterin Vivien Kussatz vom Spandauer Yacht-Club Berlin. Das wäre zum Beispiel ein Platz unter den besten Zwölf bei der Princess Sofia Trophy, die am kommenden Sonntag (16. März) im spanischen Palma de Mallorca beginnt. Dort haben die amtierenden Europameisterinnen auch ihr Wintertraining abgehalten und sind seit Montag (10. März) wieder vor Ort. "Diese letzte Norm sollte hoffentlich keine Hürde sein, denn wir haben drei Chancen dazu", meint die Steuerfrau vom Württembergischen Yacht-Club Friedrichshafen, "wenn wir das nicht schaffen, gehören wir eigentlich auch nicht nach China."

Denn dort lautet das Traumziel eine Medaille. Ihre Konzentration gilt bereits voll und ganz den voraussichtlich außergewöhnlichen Segelbedingungen auf dem olympischen Revier. Vor der chinesischen Hafenstadt, einst um 1880 deutsche Kolonie, von der die Bierbraukunst und der Kirchenbau blieben, herrschen Mitte August fast immer schwache Winde oft mit starken Wasserströmungen. "Obwohl uns Leichtwind grundsätzlich gut liegt, stimmen wir das Material und den Trimm darauf besonders ab", so das 470er-Duo.

Bei der Starbootmannschaft ist das nicht anders. Am Nordostseekanal in Kiel baut Marc Pickel derzeit sein eigenes Boot speziell für den Olympiaeinsatz. Der gelernte Bootsbauer geht dabei keine Kompromisse ein. Weil der Materialcontainer mit den Booten für China bereits im April gepackt werden muss, verzichteten Pickel/Borkowski sogar schweren Herzens auf einen Start beim Bacardi Cup in Miami, der gerade mit mehr als 100 Teilnehmern in einem WM-reifen Feld gesegelt wurde.

"Wir mussten den Wettkampf streichen, sonst wäre der Neubau nicht mehr rechtzeitig fertig geworden", erläutert der Steuermann vom Kieler Yacht-Club. Während er Tag und Nacht in der Werfthalle verbrachte, nutzte der Vorschoter vom Sportclub Berlin-Grünau die Zeit, um die Konkurrenz vom Begleitboot aus zu beobachten. "Wenn ich selbst an der Bordwand hänge und wir unsere eigene Taktik machen müssen, sehe ich die Feinheiten bei den anderen nicht", so Borkowski, der 2000 in Sydney/Australien an Bord der Soling von Jochen Schümann eine Silbermedaille gewann. "Bei den Manövern und der Vorwindtechnik gab es interessante Unterschiede, die wir beim nächsten Training auch ausprobieren werden."

Das ist für den 2. April im Vorfeld der WM in Florida angesetzt. Dort haben Pickel/Borkowski nichts zu verlieren. Ihr Augenmerk gilt dem Abschneiden der Hamburger Robert Stanjek/Markus Koy, die mit einem Platz unter den Top Ten im letzten Moment eine nationale Olympiaausscheidung Ende Mai in Holland erzwingen könnten. Die Mitbewerber ließen zwar durch einen Tagessieg im letzten Rennen aufhorchen, landeten nach einer Disqualifikation zum Auftakt und mäßigen Plätzen in der Folge beim Bacardi Cup nur auf dem 24. Gesamtrang. Es siegten die Portugiesen Alfonso Domingos/Bernado Santos als einzige europäische Gewinner in der 81-jährigen Geschichte nach 2004 bereits zum zweiten Mal.

"Besonders die Portugiesen haben vor dem Wind viele Gegner überholt", beobachtete Ingo Borkowski, “die haben eine ausgefeilte Technik." Außerdem hörte er an Land von den Olympiaplänen der Weltelite. Borkowski: "Alle richten ihre Konfigurationen kompromisslos auf Leichtwind aus. Mit Allroundmaterial ist in Qingdao kein Staat zu machen. Auch andere Spitzencrews testen noch neue Boote."