Montag, 4. Januar 2010

600 Demonstranten gegen Nabu

04.01.10 - Etwa 600 Fischer und Angler, weitaus mehr als die Veranstalter erwartet haben, hatten sich heute Montag am 4. Januar in Radolfzell versammelt um gemeinsam gegen die Kormoranpolitik des Naturschutzbund (Nabu) zu demonstrieren.

Vorausgegangen waren Forderungen der Vogelschützer nach massiven Einschränkungen der Netzfischerei und nach einem faktischen Verbot der Angelfischerei am Untersee, wie sich der Landesfischereiverband als Veranstalter der Demonstration ausdrückt. Weil diese Forderung mit dem Status als FFH-Gebiet begründet wird, könnte auch der Überlinger See davon betroffen sein und die Forderung auf andere Aktivitäten ausgedehnt werden. So muss befrüchtet werden, dass wenn der Nabu die Angler schon als Störfaktor betrachtet, diese Forderung auf Paddler, Segler und Motorbootfahrer ausgeweitet wird.

Auch dass ausgerechnet der Kormoran vom Nabu zum Vogel des Jahres erkärt wurde, interpretierten die Fischer als klaren Affront der Vogellobby gegenüber ihrem Berufsstand, wie man im Gespräch mit den Teilnehmern hören konnte. Auch wenn es auf den ersten Blick bei dem Konflikt um den gefiederten Fischräuber geht, scheint mehr dahinter zu stecken. Die Fischer, und nicht nur diese, sind sauer darüber, dass sie permanent gemassregelt und auf eine moralisch niedrige Stufe gestellt werden. Dass der Nabu ihnen permanent "vom warmen Schreibtischsessel" aus Vorschriften machen wolle, kam immer wieder zur Sprache.

Die Fischer sind jedenfalls stinksauer. Sie sind wütend auf "die da oben", die ihnen vorschreiben wollen, wie sie ihren Beruf auszuüben haben. "Die haben doch keine Ahnung, was auf dem See los ist", brachte ein Demonstrant seine Meinung auf den Punkt. "Die wollen sich bloss wichtig machen und schlau daher reden um Steuergelder und Spenden zu kassieren", vermutete ein anderer Demonstrationsteilnehmer. Er sei kein Fischer, sagte dieser, wolle mit seiner Teilnahme aber zeigen, dass er es satt habe, ständig gegängelt und in seiner persönlichen Freiheit eingeschränkt zu werden.

Die Fischer haben nicht nur ihre Wut auf die "Wichtigtuer im warmem Büro" mitgebracht sondern auch jede Menge Plakate, Infobroschüren und "natürliches Anschauungsmaterial". So trug ein Fischer Felchen in seinem "Bauchladen" mit, die vom Kormoran angebissen und verletzt worden waren. "Würden sie mir diese Felchen abkaufen" fragte er die Passanten.

Es geht also auch um ökonomische Fragen und um die Existenz eines der ältesten Berufe. Zum Kormoranproblem und den Forderungen verschiedener "Gutmenschenverbände" kommt also noch die Problematik, dass importierte Fische mittlerweile billiger als die Felchen vom Bodensee in der Pfanne der Restaurants landen. "Gutes von Übersee", stand deshalb auch in Anlehnung an die Werbekampagne der Gastronomie und der regionalen Öko-Szene auf einem Plakat zu lesen.

"Sie können doch den Kormoran nicht für die Marktwirtschaft verantwortlich machen", sagte denn auch der sichtlich aufgebrachte Nabu-Landesvorsitzende und Verfasser des umstrittenen Papiers, Dr. Andre Baumann, am Rande der Kundgebung vor dem Milchwerk, wo Nabu und Bund die Naturschutztage veranstalteten und die Äsche von den Fischern symbolisch zu Grabe getragen wurde.

Baumann machte in erster Linie den Klimawandel für die Sorgen und Nöte der Fischer verantwortlich und rief diese auf, ihre Energie für den Schutz des Klimas aufzuwenden, dann würden sich auch die Äschenbestände im See wieder erholen. Baumann konnte aber nur von den direkt Umstehenden verstanden werden, was vor allem daran lag, dass er das Mikrofon statt vor den Mund vor seine Brust hielt. Seine Ansprache ging also genauso in den Nabuuuuh-Rufen und im Murren der aufgebrachten Fischer unter, wie die Ansprache von Brigitte Dahlbender, der Vorsitzenden des Bund für Umwelt-und Naturschutz.

Auch wenn die Organisatoren der Demonstration die Fischer immer wieder zur Ruhe aufforderten (wir durften auch reden), waren die Kommunikationsprobleme zwischen den beiden Parteien zumindest vor dem Milchwerk auch technisch bedingt.

Am Rande der Kundgebung forderte eine Abordnung der Tierschutzpartei auf ihrem Transparent das vollständige Verbot der Fischerei am Bodensee. Für eine Zukunft unserer Kinder und der Artenvielfalt stand da zu lesen, und dass der Mensch mit seiner Gier und mit seiner Lust zu töten am Artensterben Schuld sei.


Möchten sie diese Fische kaufen?" Der Fischer zeigte Felchen, die vom einem Kormaran angebissen wurden.


Der Demonstrationszug von Fischern und Anglern wurde von einer Reichenauer Trauerkapelle angeführt. Auch viele Kollegen aus der Schweiz waren gekommen.


Das drüfte wohl den Kern der Sache treffen: Die Fischer befürchten durch den Nabu und andere Interessensverbände vom See verdrängt und in ihrer Freiheit beschränkt zu werden. Die Anwesenheit des Kormorans ist nur ein Aspekt unter vielen anderen.