Dienstag, 19. Mai 2009

Kieler Woche zwischen Tradition und Premieren

19.05.09 - Feuerwerk der Segelhöhepunkte: ISAF Sailing World Cup - Erster Auftritt der olympischen Bootsklasse Elliott 6m - X-35-WM - X-41-EM - SAP 505er-EM – Virtueller Kieler Woche-Sieger.

Die Welttournee des olympischen Segelsports, der ISAF-Sailing World Cup, macht in Kiel Station. Es kommt zum ersten Auftritt der neuen olympischen Frauen-Bootsklasse Elliott 6m. Erstmals wird es einen „virtuellen“ Kieler Woche-Sieger geben, der sich im Internet durchgesetzt hat. Und drei hochkarätige internationale Meisterschaften, WM der X-35, EM der X-41 und SAP-EM der 505er prägen die 127 Jahre junge Kieler Woche (20. bis 28. Juni), die einmal mehr mit einem imponierenden Zahlenwerk aufwartet.

3 Millionen Besucher, 10.000 Masten auf der Kieler Förde, 4.500 Regattateilnehmer, 2.000 Boote, 360 Starts, 50 Nationen, 40 Segeldisziplinen, 11 Bahnen, neun Tage: Das sind die Eckdaten der diesjährigen Kieler Woche.

Das elffache Volumen der olympischen Segelwettkämpfe macht die Kieler Woche ohnehin schon zur weltgrößten Segelveranstaltung, die vom Kuttersegeln über Surfbrett, Jolle, Kielboot bis zum Dickschiff und sogar zur Windjammerparade alle Varianten bietet. Und dennoch kann die Traditionsveranstaltung, die seit Jahren die Behindertensegler integriert, auch in diesem Jahr wieder mit neuen Highlights aufwarten. Gemeinsam mit dem Presenter BMW und den Partner HSH Nordbank sowie boot Düsseldorf präsentierten die Kieler Woche-Veranstalter ihr umfassendes Segelprogramm heute bei einer Pressekonferenz im Elb-Panorama in Hamburg.

ISAF Sailing World Cup
So macht der ISAF World Sailing Cup nach fünf Regatten in Australien, USA und Europa in Kiel Station, bevor es in Weymouth (Großbritannien/Ausrichtungsort der olympischen Segelwettkämpfe 2012) zum Finale kommt. „Der ISAF Sailing World Cup wird den Segelsport weiter in das öffentliche Interesse rücken und die Spannung, Begeisterung und Ausstrahlung des Segelsports unterstreichen“, so ISAF-Präsident Göran Petersson. „Es ist eine Anerkennung vom Weltseglerverband an die sechs Veranstalter für deren bisherige Verdienste um den Segelsport national und international“, so der Organisationsleiter der Kieler Woche, Jobst Richter (57).

Da die Segler/innen der olympischen Bootsklassen immer früher zu den Veranstaltungen anreisen, um das Revier zu testen, startet die Kieler Woche 2009 wieder olympisch. „Wir beginnen sogar noch einen Tag früher und bieten den Segler/innen den Freitag zum Testen als Practice Race“, erklärt Richter. Die Kieler Woche beginnt für die zehn olympischen Disziplinen damit bereits am Freitag, 19. Juni, mit einem Vorbereitungsrennen. Der erste Start am Samstag erfolgt dann bereits um 11 Uhr morgens. Damit stehen den olympischen Klassen von Samstag, 20. Juni, bis Mittwoch, 24. Juni, fünf komplette Regattatage zur Verfügung. Die 13 internationalen Klassen gehen dann von Donnerstag, 25. Juni, bis Sonntag, 28. Juni, an den Start.

Frauen folgten dem Lockruf
Besonderes Augenmerk haben in diesem Jahr einmal mehr die Frauen verdient. Sie folgten dem Lockruf aus Kiel. 24 Crews aus neun Ländern werden vom 20. bis 24. Juni in der neuen olympischen Bootsklasse Elliott 6m um den Kieler Woche-Titel kämpfen. Es ist der erste Auftritt der Elliotts im Rahmen des ISAF Sailing World Cups. 2012 werden in dieser Klasse olympische Medaillen vergeben.

„Der Weltseglerverband, der Deutsche Segler-Verband, die Werft um Eigner Greg Elliott sowie unsere Freunde in Finnland und den Niederlanden machen es möglich, dass wir die Elliotts präsentieren können“, freut sich Kieler Woche-Organisationsleiter Jobst Richter. Wie sehr sich die Seglerinnen auf diesen Auftritt freuen, zeigen die schnellen Zusagen aus aller Welt. Innerhalb von vier Wochen war trotz des Meldegeldes von 2.100 Euro das 24 Crews umfassende Feld komplett. Die deutschen Farben sind gleich dreimal vertreten. Deutschlands beste Match Race-Seglerin, Silke Hahlbrock (2008: WM-6.), hat mit dem „Match-Race Team Hamburg“ bereits den ganzen Winter auf einer J22 vor Kiel trainiert. Die 25-jährige wurde mit ihrer Schwester Maren Hahlbrock (26) und Marion Rommel (24) in den C-Kader des DSV aufgenommen.

Zusammen mit der Olympia-Vierten Ulrike Schümann (36/Berlin/A-Kader), die ihre dritte Olympiakampagne gemeinsam mit der erfahrenen Match Race-Seglerin Kathrin Kadelbach (2008 Deutsche Vizemeisterin), Antje Struckat und Lydia Koppin angekündigt hat, zählt Hahlbrock zu den großen deutschen Hoffnungen im Frauen Match Race. Und so ganz nebenbei möchte das Hahlbrock-Team als amtierender Kieler Woche-Sieger den Titel verteidigen. Als dritte Crew haben die Puls-Sisters, Svenja Puls (24/Europeseglerin und Weltmeisterin 2007) und Janika Puls (21/Laser radial), gemeldet.

Die Sterne der Stare funkeln in Kiel
Besonders hochkarätig dürfte auch das Startboot-Feld sein. Die Stare wetteifern eine Woche später vor Kiel um den EM-Titel. Erfreulich ist der große Andrang ambitionierter deutscher Crews. Ein halbes Dutzend teilweise sehr junger Teams haben die Teilnahme an der olympischen Regatta 2012 vor Weymouth in Großbritannien im Visier. Unter ihnen aber sind neuerdings auch zwei Routiniers, die aus ganz anderen Disziplinen ins Starboot gewechselt sind: Johannes Polgar und Tim Kröger.

Aktuell bilden der Berliner Robert Stanjek und sein Hamburger Vorschoter Markus Koy die Messlatte in der deutschen Starbootszene. Doch sie haben reichlich Konkurrenz bekommen. Neben Stanjek/Koy und Polgar/Kröger trainieren drei weitere viel versprechende junge Mannschaften mit dem Ziel der Teilnahme an den Olympischen Spielen 2012 unter dem Dach des Heinz Nixdorf Vereins: Matthias Miller/Benedikt Wenk, Alexander Schlonski/Frithjof Kleen und Johannes Barbendererde/Timo Jacobs. Mit vergleichsweise wenig Starboot-Erfahrung, aber viel Routine und professioneller Einstellung kämpfen Polgar und Kröger gleichzeitig um den Anschluss an die Weltspitze. Ein Jahr haben sie sich dafür Zeit gegeben. 2010 soll und muss die Kaderqualifikation her.

Kiwo-Giganten bei der SAP 505er-EM
Ein ganz besonderes Highlight wird die SAP 505er-EM. Ganz oben auf der Liste der internen Duelle im Feld der rund 100 Crews steht der Zweikampf zwischen den Kieler Woche-Rekordsiegern Wolfgang Hunger aus Strande und dem Dänen Jörgen Bojsen-Møller. Jeweils 16 Erfolge fuhren die beiden Kontrahenten in den vergangenen 30 Jahren ein.

Hunger dominierte seit 1983 das Geschehen mit acht Siegen im 470er und seit 1997 mit ebenso vielen Erfolgen im 505er, während Bojsen-Møller mit 15 Triumphen im Flying Dutchman seit 1983 fast unbezwingbar ist. Einmal konnte sich der dänische Segelmacher aber auch in einer anderen Klasse in die Siegerliste eintragen: 1979 im 505er. Damals wurde er zudem Europameister.

Die Zielvorgabe für beide ist also klar: „Wir wollen natürlich den Titel gewinnen, aber die Konkurrenz ist groß. Es ist alles dabei, was Rang und Namen hat”, sagt Wolfgang Hunger, der seit dem vergangenen Jahr mit Julien Kleiner an der Vorschot ins Rennen geht. Neben dem EM-Triumph blickt er aber auch mit einem halben Auge auf den Kieler Woche-Rekord: „Das Ganze ist natürlich von der Presse geschürt. Erst musste ich Willi Kuhweide überholen, dann Gerd Eiermann, und jetzt ist Jörgen Bojsen-Møller zu schlagen. Aber wenn man auf der Bahn ist, will man natürlich auch gewinnen.” Ebenso setzt Bojsen-Møller, der mit Bruder Jacob segelt, die Prioritäten: „Wir müssen noch ein paar persönliche Verpflichtungen klären. Aber wenn wir das schaffen, dann kämpfen wir um den Titel mit. Der Kieler-Woche-Rekord wäre dabei ein schöner Nebeneffekt.”

X-en-Hattrick in Kiel
Die X-Yachten schicken sich an, zu einem festen Bestandteil der Kieler Woche zu werden. Nach den Weltmeisterschaften 2007 und den Europameisterschaften 2008 segeln die X-35 in diesem Jahr erneut um den globalen Titel vor Kiel. Im Kielwasser der kleinen Schwester kommt auch die X-41 mit ihrer Flotte nach Schilksee und ermittelt auf der Bahn Alpha die europäischen Titelträger.

Der Seebahn-Chef der Kieler Woche, Eckhard von der Mosel, sieht das Geschehen auf der Außenförde durch die X-en deutlich aufgewertet: „Die Top-Segler auf der Ostsee haben sich bei den X-Yachten zusammengefunden. Das werden die High-End-Regatten im Norden. Deshalb werden wir für die X-en immer einen Slot in der Kieler Woche offen halten.“

Neben dem Niederländer Cees Wieringa, der sich mit seiner „DRS X” 2007 den WM-Sieg sicherte, und dem Briten Mark Richmond mit der „Cool Running” (WM-Silber 2007 und EM-Bronze 2008) treffen die deutschen X-Yachten auf italienische Konkurrenz. „Die italienischen Crews sind zum Teil mit hochkarätigen Profis besetzt und sind immer zum Favoritenkreis zu zählen”, sagt Sven Christensen von der „Xen”, der als Geschäftsführer der Kieler Woche-Vermarktungsagentur “Point of Sailing” das Geschehen allerdings nur von Land aus verfolgen kann. Er erwartet bis zu 40 Crews aus zehn Nationen am Start. Selbst aus Japan ist schon eine Meldung eingegangen.

Für jeden Seesegler etwas
Doch ob leistungsorientierter Regattafreak oder „nur“ schnell segelnder Fahrtensegler, ob Kurzstrecken-Freund oder Langstrecken-Fan - die Kieler Woche bietet für jeden Seesegler und jeden Schiffstyp etwas.

Herzstück bleibt der Kaiserpokal als Gesamtwertung aus Senatspreis (Mittelstrecke) und den bis zu zehn Kiel-Cup-Regatten (Kurzstrecken). Den Auftakt für die ORC International-Klassen I-IV bildet die Mittelstrecke am Samstag, 20. Juni, mit dem traditionellen Start vor dem Hindenburgufer, bevor Sonntag, 21. Juni, bis Dienstag, 23. Juni, die Kurzstreckenrennen (Up-and-downs) des Kiel-Cups auf dem Programm stehen. Parallel gehen auch die Einheitsklassen (z.B.: J80 und Albin Express) in eigener Wertung ins Rennen. Den hochkarätigen Kieler Woche Offshore-Preis, den Kaiserpokal, können allerdings nur die ORC International-Yachten gewinnen.

Die ORC-Club-Schiffe kämpfen am ersten Kieler Wochenende um die Siege beim Welcome-Race, das sich aus zwei Mittelstrecken am Samstag, 20. Juni, und Sonntag, 21. Juni, zusammensetzt.

Den Abschluss für jedermann bietet der 2008 neu ins Leben gerufene Schabernack Cup am zweiten Wochenende. Das Auftaktrennen führt am Freitag, 26. Juni, aus der Innenförde nach Schilksee. Es folgt am Samstag, 27. Juni, der Schabernack Cup (eine Untiefe vor Heiligenhafen heißt Schabernack) von Schilksee nach Heiligenhafen, wo auch die Siegerehrung stattfindet. Gewertet wird hier nach dem aus Club- und Abendregatten bekannten Handicap-System Yardstick.

Die großen ORC Yachten ab 40 Fuß segeln um das „Silberne Band“. Donnerstag ist eine Langstrecke ausgeschrieben und Freitag das Coastal Race nach Heiligenhafen.