Montag, 18. August 2008

Pickel/Borkowski gelingt mitreißender Auftakt nach Maß, Schümann-Crew kämpft um „würdige Abschlussvorstellung“

18.08.08 - Qingdao (DSV, 15. August 2008) – Dieser Freitag in der Fushan Bucht vor Qingdao war nicht der Tag von Ulrike Schümanns Yngling-Crew. Einer hartnäckigen Flaute folgte tiefer Frust: So hoffnungsfroh und kämpferisch in ihre achte Wettfahrt gestartet, blieb dem deutschen Trio am Ende nur der enttäuschende 13. Rang und die Erkenntnis, dass ihre Medaillenhoffnungen so gut wie geplatzt sind. Als neunte des Zwischenklassements und aufgrund von zwei der Flaute endgültig zum Opfer gefallenen Wettfahrten haben die Berlinerinnen nur rein rechnerische Chancen, mit zehn Punkten Rückstand noch in den Kampf um Bronze einzugreifen.

Teamchef Hans Sendes stellte sich am Abend vor seine maßlos enttäuschte Aktivensprecherin Ulrike Schümann, die keine Interviews mehr geben mochte: „Ulrike hat um Verständnis darum gebeten, dass sie ihre letzten Nerven für das finale Medaillenrennen am Sonntag schonen möchte, um dann wenigstens eine würdige Abschlussvorstellung geben zu können.“

Um Yngling-Gold kämpfen am Samstag ab 14 Uhr Ortszeit in Qingdao erwartungsgemäß die Crew von Olympiasiegerin und Top-Favoritin Sarah Ayton sowie die Mannschaft der Holländerin Mandy Mulder, die nur einen Punkt hinter den Britinnen auf ihre Chance zum großen Coup lauert. Eine Stunde früher schon fiebert Großbritannien dem dritten Olympiasieg von Segelsuperstar Ben Ainslie entgegen, dessen entscheidendes Medaillenrennen in der Klasse Finn Dinghy am Samstag bereits um 13 Uhr startet. Der 31-jährige Ausnahmesegler aus Lymington startet mit komfortablem 12-Punkte-Vorsprung auf den erst 24 Jahre jungen Amerikaner Zach Railey in das Finale, könnte mit einer weiteren Goldmedaille neben Segelikone Jochen Schümann auf Platz zwei der ewigen Bestenliste olympischer Segler Platz nehmen und in vier Jahren im Heimatrevier vor Weymouth den Rekord des legendären Dänen Paul Elvström (4 Goldmedaillen) attackieren.

Für neue Hoffnung am deutschen Segelhorizont sorgten am Freitag bei wechselhaften Winden zwischen vier und 14 Knoten die deutsche Starboot-Crew Marc Pickel/Ingo Borkowski (Kiel/Babelsberg) mit ihrem alten Boot auf Bahn Alpha. Den WM-Fünften gelang mit Rang zwei in der ersten Wettfahrt ein Auftakt nach Maß. Dabei konnte sich die Crew, die für den Kieler Yacht-Club und den Yachtclub Berlin-Grünau startet, noch auf dem letzten Kursabschnitt ins Ziel von Rang fünf auf Rang zwei verbessern.

Marc Pickel freute sich zwar, dass sein Konzept zum Auftakt aufging, warnte aber vor verfrühter Euphorie: „Das war ein guter Auftakt, aber vor uns liegt eine lange und sehr schwere Woche. Es gibt keinen Grund, ein einziges gutes Ergebnis jetzt schon über zu bewerten.“ Der 1,96 Meter große und 102 Kilogramm schwere Athlet berichtete von den Herausforderungen auf dem zuschauerfreundlichsten Kurs dicht vor der Mole des Olympiahafens: „Wir haben unsere Strategie umsetzen können und dabei sicher auch ein Quäntchen Glück gehabt. Das brauchst du hier auch. Jeder wusste allerdings vorher, dass die Segelbedingungen in Qingdao oft grenzwertig sein würden und es chaotisch werden kann. Deswegen gilt auch für alle: Abgerechnet wird am Ende.“

Durchwachsen verlief der Regattatag der 470er-Doppeleuropameisterinnen Stefanie Rothweiler und Vivien Kussatz aus München und Berlin. Das Duo leistete sich ausgerechnet zum 36. Geburtstag von Vorschoterin Kussatz in der siebten Wettfahrt einen Frühstart. Und der war ärgerlich, denn ihre Jolle hatte die erste Wendemarke als vierte erreicht, bevor die beiden Frauen enttäuscht beidrehen mussten. Mit Rang acht in Wettfahrt acht konnten die beiden Juristinnen zwei Wettfahrten vor ihrem Medaillenrennen am 18. August nur Platz neun halten.

Ohne Fortune starteten auch die Tornadosegler Johannes Polgar (Dänisch-Nienhof) und Florian Spalteholz (Kiel) in ihre Olympiapremiere. Die WM-Vierten von 2005 segelten nach misslungenen Startkreuz, dafür aber gelungener Aufholjagd noch auf Rang elf. Steuermann Polgar zeigte sich trotzdem gut gelaunt: „Wir haben nun einmal zu Beginn die falsche Seite erwischt, aber deswegen herrschte bei uns an Bord nicht gleich Katastrophenstimmung. Uns macht viel Mut für Morgen, dass wir bei unserer Aufholjagd sehr schnell durchs Feld gefegt sind.“

Leicht verbessern konnte sich nach völlig verpatztem Auftakt Laser Radial-Steuerfrau, die mit Rang acht in ihrer vierten Wettfahrt auf Platz 20 in der Flotte der 28 Einhandjollen vorfuhr und weiter hofft, mit deutlicher Leistungssteigerung im Verlauf ihrer Serie noch zur Spitzengruppe aufschließen zu können.

Bei teilweise grenzwertigen Segelbedingungen konnten die chinesischen Gastgeber am Freitag nur elf der geplanten 27 Wettfahrten durchführen. Für Samstag sind nun 28 Rennen in allen elf olympischen Disziplinen geplant, darunter zwei Finalläufe in den Klassen Yngling und Finn Dinghy.

Der aktuelle Ergebnisdienst unter www.sailing.org/olympics