28.04.08 - Olympiaqualifikation in Tornado perfekt / Rothweiler/Kussatz nach Sieg Zweite HYÈRES - Für Johannes Polgar und Florian Spalteholz ging am Freitag (25. April) im südfranzösischen Hyères ein Traum in Erfüllung: Die Tornado-Mannschaft aus Dänisch-Nienhof und Kiel qualifizierte sich bei der internationalen Regatta Semaine Olympique Francaise für die XXVI. Olympischen Spiele, deren Segelwettbewerbe im August in Qingdao/China ausgetragen werden. In einem Herzschlagfinale besiegte das T-Systems Team 2008 die Brüder Tino und Nico Mittelmeier aus Überlingen und ließ am Ende einer spannenden Ausscheidungsserie kein Fragezeichen offen. Die 470er-Frauen Steffi Rothweiler aus München und ihre Berliner Vorschoterin Vivien Kussatz gewannen ihr Medaillenrennen und schafften noch Gesamtrang zwei. Die Ynglingmannschaft Ulrike Schümann, Julia Bleck und Ute Höpfner aus Berlin wurde im Medalrace und insgesamt Neunte. Dort schlossen auch Jan und Hannes Peckolt (Hamburg/Kiel) das Gesamtklassement im 49er nach Platz sechs im Medaillenrennen ab.
“Wir sind nach einem harten, aber immer fairen Wettkampf überglücklich, zum ersten Mal die Fahrkarten zu den Spielen gezogen zu haben", meinten Polgar und Spalteholz im Freudentaumel. Als Sechste im Ziel hatten sie das Bruderteam zwei Plätze hinter sich gelassen und den Vergleich am Ende mit 17 Punkten Abstand klar für sich entschieden. Nervenstark und technisch wie taktisch optimal vorbereitet spielte das T-Systems Team 2008 im richtigen Moment alle Trümpfe aus und ließ den Mittelmeiers keine Chance. An Land waren die Unterlegenen nicht nur die ersten Gratulanten, ihnen gebührte auch der erste Schluck Schampus. Polgar: “Sie haben auch super gesegelt und uns in dieser Woche alles abverlangt."
Alfred Hitchcock hätte seine wahre Freude an der deutschen Tornadoausscheidung gehabt, so sehr knisterte die Spannung. Für den Showdown im Finalrennen der besten zehn Crews wehte nur eine sehr leichte Brise und verlangte von Akteuren wie Zuschauern auf mehr als hundert Begleitbooten ein Höchstmaß an Geduld. Was Polgar/Spalteholz und die Mittelmeiers dann zeigten, war ein Matchrace erster Güte. Schon vor dem Start jagte das mit 13 Zählern Vorsprung ins Rennen gegangene Duo aus Norddeutschland seine Gegner und setzte sie permanent unter Druck. “Zum Glück war der Wind so schwach, dass sie ihre Leichtwindvorteile nicht ausspielen konnten", erklärte Spalteholz, “es reichte für niemandem zum Trapezsegeln."
Im klassischen Zweikampf deckten die Kieler ihre Verfolger konsequent ab und ließen sie zu keiner Zeit aus den Augen. Als dann das Rennen nach einer Hälfte nochmal neu gestartet wurde, weil die Wettfahrtleitung einen Fehler gemacht hatte, begann das Spiel von vorn. Doch Johannes Polgar und Florian Spalteholtz zeigten erneut, dass sie zu Recht qualifiziert sind. “Am Anfang der Regattawoche waren wir noch froh, die Ausscheidung nicht gegen die Starkwindspezialisten Roland Gäbler und Gunnar Struckmann segeln zu müssen", so der Steuermann, “am Ende gab es aber genauso viel Leichtwind. Der Austragungsort hat also niemanden bevorteilt." Gäbler, ebenfalls vom T-Systems Team 2008, hat Deutschland schon fünfmal bei den Spielen vertreten und 2000 mit Rene Schwall eine Bronzemedaille gewonnen. Tino und Nico Mittelmeier sind nun die Wunschsparringspartner von Polgar und Spalteholz für das erste Training in Qingdao und sagten auch spontan zu.
Eine Demontage für die gesamte Konkurrenz war das Medaillenrennen des pinta racing teams. “Wir lagen nicht gleich vorne, und mussten uns zwischendurch vor allem um die Italienerinnen kümmern, berichtete Steffi Rothweiler von einem “Hochgenuss", als nach und nach alle eingesammelt wurden. Und das vor einer großen Zuschauerschar, unter denen auch Gegnerinnen waren, die sich nicht fürs Medalrace qualifiziert hatten. “Denen haben wir ordentlich Respekt eingeflößt", so die Steuerfrau. Die Vorschoterin betonte nochmals die ausgeglichenen Verhältnisse mit viel Wind zum Auftakt: “Das Revier hat uns nicht nur in die Karten gespielt. Das wir trotzdem so weit vorne gelandet sind, macht und stolz und zuversichtlich für die weitere Vorbereitung auf Olympia." In der Endabrechnung fehlten auf die zuvor deutlich führenden Japanerinnen Ai Kondo/Naoko Kamata nur noch fünf Zähler.
Trotz des vorletzten Rangs im Finale war die Stimmung beim Yngling-Trio des T-Systems Team 2008 nicht getrübt. “Wir hatten so wenig Wind, dass von einer regulären Wettkampf kaum noch die Rede sein konnte", sagte Ulli Schümann. Keine 20 Meter von ihr entfernt fuhren die späteren Siegerinnen Sundby, Frederiksen und Koefoed aus Norwegen plötzlich wie von Geisterhand an sechs Booten vorbei, während alle anderen mehr oder weniger auf der Stelle standen. “Wenn mir jemand erzählt, wo so eine Privatböe zu buchen ist, dem zahle ich Höchstpreise", schmunzelte die Steuerfrau. Unterm Strich sei die Regatta aber immer noch ein gutes Olympiatraining gewesen, “das uns auf einigen Gebieten weiter gebracht hat."
Jan und Hannes Peckolt segelten ein spannendes Medaillenrennen mit wechselnden Führungen, in dem sie beinahe noch die Silbermedaillengewinner von Athen 2004, Rodion Luka und George Leonchuk aus der Ukraine, auf Gesamtplatz acht abgefangen hätten. Als Sechster im Ziel spiegelte das Finale ein wenig die ganze Serie wider. “Wir waren hier nur eingeschränkt zufrieden, mit unser taktischen Leistung genauso wie mit unser Materialauswahl", analysierte der Vorschoter, “gelernt haben wir jedoch einiges, auch was wir nicht wiederholen werden." Im Kampf um “Gold" fingen die Europameister Iker Martinez und Xaber Fernandez aus Spanien die punktgleichen Tim Wadlow/Chris Rast (USA) noch ab.
Neben diesen vier deutschen Mannschaften haben sich noch Marc Pickel und Ingo Borkowski (Kiel/Babelsberg) vom pinta racing team im Starboot sowie die Berlinerin Petra Niemann im Laser Radial für die Olympischen Spiele qualifiziert. In fünf der insgesamt elf Segeldisziplinen werden keine Athleten geschickt.
Segeln in Zahlen
Endergebnisse der 40. Semaine Olympique Francaise in Hyères/Frankreich
Tornado
1. Darren Bundock/Glenn Ashby (Australien) 37 Punkte
2. Francesco Marcolini/Edoardo Bianchi (Italien)43
3. Mitch Booth/Pim Nieuwenhuis (Niederlande) 48
4. Leigh McMillan/Will Howden (Großbritannien) 52
5. Xavier Revil/Christophe Espagnon (Frankreich) 58
6. Fernando Echavarri/Anton Paz (Spanien) 58
7. Johannes Polgar/Florian Spalteholz (Dänisch-Nienhof/Kiel) 59
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9. Tino und Nico Mittelmeier (Überlingen) 76
470er-Frauen
1. Ai Kondo/Naoko Kamata (Japan) 46 Punkte
2. Steffi Rothweiler/Vivien Kussatz (München/Berlin) 51
3. Gulia Conti/Giovanna Micol (Italien) 62
4. Ferna Maria Sesto/Consuelo Monsegur (Argentinien) 75
5. Nike Kornecki/Vered Bouskila (Israel) 83
6. Christina Bassadone/Saskia Clark (Großbritannien) 84
49er
1. Iker Martinez/Xabier Fernandez (Spanien) 50 Punkte
2. Tim Wadlow/Chris Rast (USA) 50
3. Frederico und Arturo Alonso (Spanien) 58
4. Dave Evans/Simon Hiscocks (Großbritannien) 69
5. Pietro und Gianfranca Sibello (Italien) 76
6. André Fonseca/Rodrigo Duarte (Brasilien) 76
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9. Jan und Hannes Peckolt (Hamburg/Kiel) 81
Yngling
1. Sundby/Frederiksen/Koefoed (Norwegen) 44 Punkte
2. Barkow/Howe/Capozzi (USA) 51
3. Ayton/Wilson/Webb (Großbritannien) 51
4. Skudina/Kruskikh/Ivanova (Russland) 57
5. Lehtinen/Klemetz/Varesmaa (Finnland) 64
6. Le Berre/Ponsar/ Deplanque (Frankreich) 65
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9. Schümann/Bleck/Höpfner (Berlin) 78