11.07.08 - TRAVEMÜNDE. Mit Bundesverkehrsminister Tiefensee zur Eröffnung und dem Start von 57 Hochseeyachten des internationalen Baltic Sprint Cups zum Auftakt beginnt die 119. Travemünder Woche in ihr hochkarätiges Regattaprogramm eingerahmt in ein niveauvolles Festival an Land. Vom 18. bis zum 27. Juli werden nicht nur fast 2.000 Seglerinnen und Segler aus etwa 20 Nationen auf die sechs Bahnen gehen, sondern auch rund eine Million Besucher an der Travemündung erwartet.
Die sportlichen Höhepunkte der schönsten Segelregatta der Welt sind in diesem Jahr neben dem Baltic Sprint Cup die internationale deutsche Meisterschaft der olympischen Tornado-Katamarane und die deutschen Titelkämpfe der traditionellen Folkeboote. Eine Woche vor Meldeschluss waren schon 39 Zweirumpfboote eingetragen und sorgten im vorerst letzten Jahr des Olympiastatus für eine rekordverdächtige Beteiligung in der Tornado-Klasse. Mit 58 Kielbooten dürfte die nationale Folkebootelite das größte Feld der TW 2008 bilden.
"Die Mitglieder der Klassenvereinigung sind aufgewacht und machen mobil", meint Lokalmatador Helge Sach aus Zarnekau, der mit seinem Bruder Christian im Tornado seinen 14. Travemünder Woche-Sieg anstrebt. Nach der heftig umstrittenen Entscheidung des Weltsegelverbands ISAF, die Mehrrümpfer aus dem olympischen Programm für 2012 zu streichen, war ein Aufschrei des Entsetzens durch die Segelszene gegangen. "Die aktuellen Topteams waren zu selbstgefällig und haben zu spät mit den nötigen Lobbyarbeit begonnen", so Sach, der früher einmal Vizeweltmeister war. In Deutschland wolle die breite Basis in Abwesenheit der Olympioniken Johannes Polgar und Florian Spalteholz mit ihrem Start bei der IDM in Travemünde ein Zeichen setzen, dass die Klasse keineswegs tot sei.
Während die Tornados ab Sonntag auf Bahn Delta segeln, steigt der Saisonhöhepunkt der Folkeboote einen Tag später weiter draußen auf Bahn Foxtrott. Die traditionelle Drei-Mann-Einheitsklasse ist heiß umkämpft und versammelt einige der besten Segler der Nation. Bei sechs bis sieben Windstärken demonstrierten sie im Vorjahr bei der TW die außergewöhnlich robusten Segeleigenschaften der Klassiker. Selten war die Leistungsdichte bei einem Event so hoch, denn gleich vier ehemalige und amtierende Deutsche Meister werden in Travemünde erwartet.
Auch die Crews des vierten Baltic Sprint Cups sind mit hochdekorierten Seglern gespickt. Zu den Topfavoriten gehört die neue Rogers 46 "Guts N'Glory" von Christopher Wuttke aus Bückeburg, der seine Gegner am Vorabend des zweiwöchigen Regattaereignisses zu einer rauschenden Start-up-Party einlädt. Am ersten TW-Sonnabend um 15 Uhr geht es über 216 Seemeilen nach Karlskrona in Schweden. Anschließend werden die Yachten über Litauen (Klaipeda) nach Polen (Gdansk/Gdynia) und von dort in den letzten Zielhafen nach Rönne auf Bornholm (Dänemark) geführt.
Wuttkes Widersacher sind ein Stelldichein von "heißen Rennziegen", angeführt von der "Ambersail" aus Litauen, die ehemalige "Assa Abloy", Zweite des Volvo Ocean Race 2001-2002 rund um die Welt. David Aisher, Kommodore des Royal Ocean Racing Clubs aus London, geht mit seiner "Yeoman XXXII", ebenfalls eine Rogers 46, ins Rennen. Mit seiner neuen Elliott 52 "Outsider" will der Kieler Tilmar Hansen ganz vorne mitfahren. Von Rennwert her das schnellste Schiff aber dürfe die 25 Meter lange "Calypso" von Gerhard Clausen, der ehemalige Maxiracer "Wild Thing", werden.
Wenn es zur feierlichen TW-Eröffnung am Freitagabend um kurz nach 18 Uhr durch Lübeck Bürgermeister Bernd Saxe zum 119. Mal "Heiß Flagge" heißt, wird nach langer Zeit wieder bundespolitische Promimenz an seiner Seite stehen. Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee verleiht der Großveranstaltung eine zusätzliche Bedeutung, zumal er auch am ersten Segeltag zur Regattabegleitfahrt auf der Lübecker Yacht "Asgard" erwartet wird.
Saxe muss dann zur TW-Halbzeit wieder selbst ans Ruder, wenn er zum Rotspon-Cup 2008 ruft. Sein Herausforderer in diesem Spaßwettkampf ist diesmal kein Geringerer als Hamburgs Erster Bürgermeister Ole von Beust. Er soll am Mittwoch, dem 23. Juli, um 11 Uhr an der Überseebrücke 1 eintreffen, um an Bord des Drachens von Manuel Cadmus, dem Präsidenten des Norddeutschen Regatta Vereins (NRV), Saxe und Rolf Erwert, den Vorsitzenden des Lübecker Yacht-Clubs, im Matchrace zu treffen. Der Zweikampf der Hansestädte Boot gegen Boot dauert zwei Stunden und wird live an der Travepromenade moderiert.
Livekommentare erklären auch das Geschehen auf der strandnahen Bahn Beach, die von Land aus besonders gut zu beobachten ist. Hier starten zunächst die schnellen allein gesegelten A-Cats sowie die International Canoes. In der zweiten Wochenhälfte warten dann weitere Gleitjollen mit ihren spektakulären Manövern direkt vor dem Ufer auf. Besonders sind dabei die großen 18-Footer hervorzuheben, die Travemünde als eine Station ihrer vierteiligen Deutschland-Tour ausgewählt haben.
Das Aufgebot an Zweirümpfern wird durch die deutsche Bestenermittlung der Topcat-Klassen ergänzt, die nach den Tornados ab Donnerstag die Bahn Delta gemeinsam mit den Formula 18-Kats nutzen. Eine schwungvolle Wiederkehr nach Travemünde versprechen die olympischen Finn Dinghis, die 24 Meldungen verzeichnen. Mit dabei ist der aktuelle Junioreneuropameister Jan Kurfeld aus Wismar, Deutschlands größte Hoffnung, nach erfolglosen Jahrzehnten diese Klasse 2012 bei Olympia wieder aussichtsreich zu besetzen.
In diesem Jahr werden sich See- und Sehleute an eine Neuordnung gewöhnen müssen. "Wir belassen die Tornado-Wiese an der Trave für Boote, um mehr Liegeplätze mit direktem Wasserzugang zu gewinnen, und führen die Gäste auf der Trelleborgallee mit Blick auf die Aktivitäten im Regattavorfeld an einem neuen Eventschwerpunkt entlang", erklärt Claus-Dieter Stolze, der gemeinsam mit Karin Böge das Organisationsteam leitet. Und auf der Lübecker Bucht, die stets für ihre hervorragenden Segelbedingungen Lob und Zuspruch der Teilnehmer erhält, wurde die Anzahl der Regattabahnen auf sechs konzentriert. "Die gestraffte Aufteilung garantiert effizienteren Sport mit kürzerer Anfahrt aus dem Hafen", so der oberste Wettfahrtleiter Walter Mielke.
Während es auf dem Wasser sportlich zugeht, kann an Land das feine Freizeitprogramm mit vielen musikalischen und kulinarischen Highlights ganz entspannt genossen werden. Es gibt in diesem Jahr mehr Livemusik und für jeden Geschmack etwas. Die Festivalbühne im Brügmanngarten wird dabei einen modernen Mix aus Pop, Rock und Reggae bieten. So spielen hier auch große Namen wie Liedermacherlegende Wolf Maahn mit seiner Band (Montag, 21. Juli, ab 20.30 Uhr).
Die nachts illuminierte Viermastbark "Passat", das Wahrzeichen Travemündes, wird ihre Silhouette erneut von Montag bis Sonnabend in den Mittelpunkt einer Laser- und Pyroperformance stellen. Dieser akustische und visuelle Leckerbissen ist nach dem ersten Wochenende der krönende Abschluss jedes Travemünder Woche-Tags, bevor das große Finale am zweiten Sonntag ansteht. Um 22.45 Uhr wird auf der Nordermole das gigantische Höhefeuerwerk entzündet, das die fünfte Jahreszeit in Lübeck-Travemünde feurig beendet.